Das gesunde Auge aus der Sicht des Maharishi Ayurveda - Teil 1

Herbstliche Augenblicke - Teil 1

29.08.18

Dr. Stephania Lorenz - Ingolstadt

Das gesunde Auge aus der Sicht des Maharishi Ayurveda - Teil 1

Herbstliche Augenblicke - Teil 1

Unsere Augen sind das Sinnesorgan, das 70 bis 80% all unserer Wahrnehmungen aufnimmt. Kein Wunder also, dass unserem Gesichtssinn in der Schulmedizin (5 der 12 Hirnnerven werden allein für die Augen benötigt)  wie im Ayurveda eine ausgesprochen große Bedeutung zukommt. Dies spiegelt auch die Zuordnung der Doshas bzw. Subdoshas wider. Dort wird jedes der drei Doshas Vata, Pitta und Kapha in je fünf Subdoshas unterteilt. Während normalerweise jedes Subdosha für mehrere Funktionen im Körper zuständig ist, finden wir im Pitta-Dosha ein eigenes Subdosha (Alochaka-Pitta), das ausschließlich den Augen zugeordnet ist. Zugleich gibt es andere Subdoshas, die zusätzlich die Funktion der Augen beeinflussen.

 

Das gesunde Auge aus der Sicht des Maharishi Ayurveda Hell und Dunkel, Tiefenschärfe und das Farbenspiel unserer Welt werden durch unsere Augen an das Gehirn zur Verarbeitung gesandt. Störungen der Befindlichkeit oder gar Erkrankungen der Augen führen zu einer Veränderung unserer Wahrnehmung. Aus diesem Grund ist es wichtig, das harmonische Wechselspiel der drei Doshas zu bewahren oder wieder herzustellen. Im Ayurveda werden sehr präzise die Abläufe des quantenphysikalischen Gesamtkonzeptes beschrieben, nach denen sich Störungen am Auge typischerweise manifestieren. Auch die Bedeutung des sogenannten „Dritten Auges“ spielt hier eine herausragende Rolle. Doshastörungen am Auge Störungsmuster im Körper beginnen meist mit einem Ungleichgewicht des Vata-Doshas, setzen sich über Pittastörungen fort und manifestieren sich schließlich in einer Kaphaveränderung. Dementsprechend sind auch die Behandlungskonzepte auszurichten. Veränderungen im Kapha-Dosha, d.h. Strukturveränderungen, sind natürlich schwerer zu beeinflussen als reine Vatastörungen.

  1. Vatastörungen manifestieren sich am Auge z.B. durch:
  • Rauhes Gefühl, Siccabeschwerden (Trockenheit)
  • Kratzen,Stechen
  • Hornhauttrübungen
  • Blasse Bindehaut
  • Catarctentwicklung (Grauer Star - verminderte Durchsichtigkeit der Linse)
  • Glaskörpertrübungen
  • Brüchige Gefäße
  • Strabismus (Schielen)
  • Sicca-Syndrom
  1. Pittastörungen sind beispielsweise gekennzeichnet durch:
  • Entzündung, „Rotes Auge“
  • Episkleritis, Skleritis (Entzündung der Lederhaut)
  • Iritis, Iridocyclitis, Cyclitis (Entzündung der Regenbogenhaut)
  • Myositis (Entzündung der Muskelschicht im Auge)
  • Einblutungen in Bindehaut, Sklera, Retina etc.
  1. Kaphastörungen manifestieren sich z.B. in:
  • Mangelnde oder überschüßige Bildung von Tränenflüssigkeit
  • Strukturdefekten, Maculadegenerationen, Tumoren
  • Ödembildung, schwere Lider (Wasseransammlungen)
  • Cataract und Glaucom (Grauer und Grüner Star)
  • Skleromalazie

Spiegel der Seele

Wer schon einmal in die glasigen Augen eines fiebernden Kindes oder in die strahlenden Augen eines glücklichen Menschen geblickt hat, weiß: Die Augen sagen uns sehr viel über einen Menschen und sein Wohlbefinden. Daher ist es wichtig, auch die Lebensumstände eines Menschen mit Sehstörungen zu betrachten. Will der Mensch vielleicht bestimmte Dinge einfach nicht mehr sehen? Ist eine Einschränkung des Gesichtsfeldes ohne ersichtlichen Grund ursächlich dadurch bedingt, dass eine Konzentration auf die „innere Sicht“ stattfand? Es gibt sogar Patienten, die nach einer erfolgreichen Cataract-Operation und wiedererlangtem Sehvermögen von 100%, sehr traurig waren, weil sie ihre „innere Sicht“ verloren hatten. Frei nach Saint-Exupèry: „Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“ Nicht alles, was technisch möglich ist, ist auch die für jeden Menschen beste Therapie.

Das Auge in der heutigen Medizin

Die Schulmedizin nutzt den Blick ins Auge, um Hinweise auf Krankheiten zu gewinnen – sogar solche, die weit über die Augen hinausgehen. Internistische und neurologische Fragestellungen werden durch den Blick ins Auge beantwortbar. Nephrologen und Diabetologen sind dankbar für eine Analyse der Gefäßsituation am Auge. Die Erstellung einer Schlaganfallprognose am Auge ist schon fast Routine. Oft findet der Augenarzt noch vor dem Neurologen Hinweise auf eine cerebrale Raumforderung (Hirntumor) bei Gesichtsfeld- und Opticusveränderungen oder Störungen der Pupillenbeweglichkeit. Gynäkologen wollen eine drohende Eklampsie (Schwangerschaftsvergiftung) abgeklärt haben. Nicht zu vergessen die zahlreichen Syndrome, bei denen die Augen mit betroffen sind. Die Lehrbücher der Augenheilkunde in der Schulmedizin sind zahlreich. Faszinierend ist, wie fein in traditionellen ayurvedischen Schriften schon vor 3500 Jahren Störungen der Augen unterschieden wurden – und das ganz ohne die technischen Geräte, über die Augenärzte heute verfügen. Allein die Sushruta Samhita unterscheidet 64, die Vaghbata Samhita sogar 94 verschiedene Augenerkrankungen.

Therapiemöglichkeiten von Augenerkrankungen im Ayurvedischen Kontext

Therapeutische Konzepte einiger Augenerkrankungen, insbesondere der Veränderungen des alternden Auges, sind in der Schulmedizin mit Schwierigkeiten behaftet. Im Wesentlichen beruht die Behandlung in der Schulmedizin auf den bekannten Konzepten:

  • Augentropfen, -gele, -salben (Cortison, Antibiotika, Mydriatika, Antiglaucomatosa etc.)
  • Systemische Gabe von Antibiotika/Cortison
  • Kühlen, Ruhe, Stressvermeidung (Arbeitsunfähigkeit, Verkehrstüchtigkeit)
  • Operative Therapie incl. Laserbehandlungen, intraoculare Injektionen
  • Höhenklimatische Kuren
  • Prothesenversorgung

Im Ayurveda kann durch spezielle Verfahren nicht nur das Auge, sondern der Gesamtorganismus beeinflusst werden. Es besteht ein umfassendes System zur Therapie, die im jeweils speziellen Fall nach Pulsdiagnostik, Zungendiagnostik und Befinden des Patienten individuell angepasst werden. Dazu gehören beispielsweise:

  • Verhaltens- und Ernährungstherapie
  • Kräuterzubreitungen und Rasayanas
  • Marmapunktmassagen
  • Reinigungstherapien (Pancha Karma)
  • Yoga- und spezielle Atemtechniken (Pranayama)
  • Klangtherapie, Gandharva Veda
  • Meditationstechniken (z.B. Transzendentale Meditation)

Schon in den alten Veden wurde auf die Gesunderhaltung der Augen geachtet. Die Empfehlung besonders im Sommer lautet:

  • Vermeidung exzessiver Sonnenbäder
  • Vermeidung von körperlicher Überbelastung
  • Keine raschen Temperaturwechsel von heiß nach kalt (Sprung ins kalte Wasser nach dem Schwitzen)
  • Morgens die Augen mit kühlem Wasser mehrmals anspritzen
  • Trinken von Rosenwasser zur Kühlung
  • Objekte nicht längere Zeit anstarren (Computer, Mobiltelefone!)
  • Keinen Schlaf am Tag, nächtliche Schlafstörungen vermeiden

Ayurvedische Therapien speziell für die Augen nach dem Shalakya Tantra oder Netra Chikitsa enthalten z.B.:

  • Anjana (ayurvedischer Kajal), der bis heute in Ägypten Verwendung findet
  • Shirobasti (Kopfölung)
  • Nasya (Nasenreflexölbehandlung)
  • Shodhana (Darmausleitung)
  • Pancha Karma
  • Kashayadhara (Augenspülungen mit verschiedenen Kräuterabkochungen, Honig)
  • Shashtika sweda (warme Breiumschläge)
  • Pichu (Leinensäckchenbehandlung)
  • Netra tarpana (Augenbehandlung mit medizinierten Ölen oder Ghee)
  • Extraktion von Thimira (Cataract)

Diese Behandlungen sind extrem wirkungsvoll und können parallel zu schulmedizinischen Maßnahmen, genauso wie alleine als alternative Therapie angewendet werden. Ein Großteil dieser Behandlungen werden im Maharishi Ayurveda Gesundheitszentrum Ried durchgeführt (Pancha Karma) In meiner Praxis beginne ich immer mit der einfachsten Methode zur Entgiftung des Körpers, mit der Heißwassertrinkkur. Hierfür wird Wasser für 10 Minuten sprudelnd gekocht und durch einen Kaffeefilter in eine Thermosflasche gegeben. Davon sollte man halbstündlich 3-4 Schlucke trinken. Dies allein bringt dem Organismus bereits nachweisbare Verbesserungen des Allgemeinbefindens. Der zweite Schritt besteht in der Erklärung, warum eine spezielle Tagesroutine für den Heilungsprozess wichtig ist. Mit dem nächsten Schritt gelangt man zur Ernährungskunde, dem Einsatz bestimmter Gewürzmischungen, die der Nahrung zugesetzt werden können, und der individuellen Essenszubereitung für die jeweiligen Dosha-Konstellation. Dies soll die Funktion der 13 Agnis, der Verdauungsfeuer, verbessern helfen.

  • Vata-, Pitta-, Kapha-Churna und –Tee
  • Ingwertee
  • Lassi
  • Curcuma
  • abends Verzicht auf tierisches Eiweiß
  • wenig Nachtschattengewächse (Kartoffeln, Tomaten, Auberginen etc.)
  • Ama-Kur (spezielle Reis-/Mungdhal-Diät mit Gewürzen)
  • Essen in Ruhe und mit Genuss

Wichtig ist, dass aus der Nahrung möglichst viel Ojas entsteht und Ama vermieden wird. Ojas ist die feinstoffliche Essenz, die aus der Nahrung gewonnen werden kann und zum Aufbau gesunder Körpergewebe dient. Ama (= das Unverdaute) dagegen sind Abfallprodukte, die als Gifte im Körper nicht verarbeitet werden können und unkontrolliert abgelagert werden.

 

Kontaktadresse Dr. med. Stephania Lorenz Fachärztin für Augenheilkunde Hans-Mielich-Str. 17a 85053 Ingolstadt Tel. +49 841 - 940096  

 

Literatur Lele, Avinash, David Frawley und Subash Ranade, „Ayurveda and Marma Therapy“, Airlift Book Company (Taschenbuch 2003) Schmut, O. „Ghee, das Gold der Ayurveda Medizin – eine klinische Studie zur Therapie des Trockenen Auges“, Power Point Präsentation der Universität Graz (persönliche Referenz) Schrott, Ernst „Die heilenden Klänge des Ayurveda“, Karl F. Haug Fachbuchverlag, 2001 Schrott, Ernst und Cynthia Nina Bolen, „Die köstliche Küche des Ayurveda: Essen mit Leib und Seele“, (Taschenbuch, 2004)

 

Schrott, Ernst und Wolfgang Schachinger „Ayurveda – Grundlagen und Anwendungen“, Karl Trias Verlag, 2005 Schrott, Ernst und H.P.T. Ammon „Heilpflanzen der ayurvedischen und westlichen Medizin“, Springer Verlag Berlin  Heidelberg New York 2012 Schrott, Ernst, J.Ramanuja Raju, Stefan Schrott „Marmatherapie“ Goldmann Verlag München, 2009

 

 

Tags: Augen

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